Auf einen Kaffee?

„Haste mal ’n Euro“ oder „Spendier mir einen Kaffee“?

Ist euch mal aufgefallen, wie viele Autoren ihre Kaffeepräferenz wie ein Gütesiegel thematisieren? Kaum eine Kurzbiografie, in der nicht steht, dass sie vorgeblich nur schreiben können, wenn (oder weil?) sie sich reichlich mit diesem Stöffchen abfüllen. Was will man dem Leser damit sagen? Hey, ich bin gemütlich, mit mir kann man sogar Kaffee trinken? Hallo, ich bin erwachsen und darf schon Kaffee trinken? Oder: Ich trinke Kaffee und schreibe deshalb besser als Teetrinker? Oder gar: Ich bekenne mich lieber offen zu meinem Kaffeeproblem, damit niemand merkt, wie hochprozentig ich tatsächlich unterwegs bin?

☕️

Sollten meine Trinkgewohnheiten tatsächlich in irgendeinem, mir allerdings vollkommen unbekannten, Zusammenhang mit der literarischen Qualität meiner Texte stehen, bitte ich um Entschuldigung, denn ich gehöre zur Nullpromill-Allestrinker-Fraktion. Ein jedes zu seiner Zeit, wie ich finde, und mit gelegentlichen Ausnahmen! Jetzt fragt sich der geneigte Leser vielleicht, warum ich hier über Kaffeegenuss schwadroniere. Umschweife liebend schlage ich deshalb jetzt schnell den weiten Gedankenbogen zu einem herzigen Kaffeebecher, dem ich kürzlich verfallen bin. Er ist das Logo der englischsprachigen Support-Plattform Ko-fi (höre ich da ‚Coffee‘ heraus?), einer vereinfachten Alternative zu Patreon, wie ich finde. Beide unterstützen Freelancer und Independent-Künstler.

☕️

Schreibt man wie ich ohne Unterstützung eines Publikumsverlags, ist es bekanntlich die große Ausnahme, dass allein aus dieser Tätigkeit nennenswerte Einkünfte erwachsen. Schriebe ich für mich selbst in ein Notizbuch, so wäre das eine  befriedigende, schöne Beschäftigung, die Geist und Seele guttut. Veröffentliche ich jedoch die auf diese Weise entstehenden Texte, so ist das im geringsten Fall ein recht teures Hobby, in der Mehrzahl der Fälle aber ein zeit- und geldfressendes Frustrationserlebnis. Meine Absicht ist es, Geschichten zu erzählen – meine eigene und fiktive, mit dem vorrangigen Ziel, zu unterhalten. Doch durch ein Buch unterhalten werden kann nur der, der es liest. 

☕️

Für jede Art der Unterhaltung muss Geld in die Hand genommen werden, ob es Streamingdienste sind, die uns Filme, Musik oder Gaming wie Pizza liefern, die aufgezwungene GEZ-Gebühr für das klassische TV-/Radio-Angebot, digitale oder Print-Ausgaben von Zeitschriften und Büchern – all diese Angebote sind keineswegs gebührenfrei. Und wenn sie auf den oberflächlichen Blick so wirken, lauert versteckt die Werbungsfalle. Nur weil Selfpublisher sich selbst um ihr Projekt von A-Z kümmern und bemühen müssen, Dienstleistungen dafür aus eigener Tasche bezahlen, sollen sie das Ergebnis ihrer Mühen kostenlos unters Volk bringen? Rezensionsexemplare großzügig verschenken, nur um an die begehrte Ware einer möglichst positiven Buchbesprechung im Handel zu kommen, die zudem wegen einer gedanklichen Schieflage ad absurdum geführt wird? Potentielle Käufer vertrauen aus diesem Grund generell auf die Ehrlichkeit von Rezensionen immer weniger, bzw. könnte, wer nur auf sie vertraut, eine herbe Enttäuschung erleben. Es gibt etliche Selfpublisher, deren Bücher viel und berechtigt positiv besprochen werden, deren Buchverkäufe dennoch lächerlich gering sind. Ich selbst habe für dieses Dilemma keine Lösung parat.

☕️

Der Anspruch an die Ergebnisse der Selfpublisher ist vollkommen zu recht in den vergangenen Jahren gestiegen. Profiteure sind natürlich die Leser, aber auch sämtliche Dienstleister rund um die selbstverlegten Werke, denn kaum eine Autorin oder ein Autor, kann gleichermaßen alles perfekt selbst erledigen. Verfasser sind auf professionelle Cover- und Buchblock-Gestaltung, auf Korrektorate und Lektorate und vieles mehr angewiesen, soll das Ergebnis auch nur annähernd mit einem Verlagsbuch konkurrieren können. Eine Dienstleistungslücke klafft allerdings noch für die Hilfe nach der Fertigstellung des physischen oder digitalen Werkes: Das Marketing! Für (zu) viel Geld kann allenfalls Messepräsenz gebucht werden oder eine Produktplatzierung in ausgesuchten Buchläden, samt Merchandise-Artikeln, aber dann wird die Luft leider schon dünn! Buchblogger wollen angefüttert werden mit Freiexemplaren und möglichst einem zusätzlichen Paket „Drachenfutter“, wenn sie denn das heiße Eisen Selfpublisher überhaupt in die Hand nehmen wollen. Bei der erdrückenden Flut von Neuerscheinungen ist die verkaufsrelevante Zeit schneller um, als man gucken kann, und, schwupps, ist das Buch aus dem Rennen! Schuld trägt man für das schlechte Ergebnis, glaubt man Social Media, selbst, denn dann „hat man sich einfach nicht genug exhibitioniert“. Niemand erinnert sich am Strand an die letzte Welle, die sanft über die Füße rollte, außer, sie hat uns ins Straucheln gebracht oder buchstäblich umgehauen.

☕️

Es gibt etliche Gründe, warum der gesamte Markt rund um´s Buch so schwierig geworden ist, ich müsste ein ganzes darüber schreiben, ohne das Rätsel vollständig lösen zu können. Es ist wie es ist. Punkt. Ich bin ü70 und in mehr als einer Hinsicht gesellschaftlich ausgemustert. Wettbewerbe, Förderpreise, Jobangebote … ich sehe vor meinem geistigen Auge überall das Schild, das außen an Fleischereien hängt und einen angeleinten Hund zeigt, daneben die Zeile „Wir müssen draußen warten!“. Bei Nachwuchs denkt niemand an Altgehölze.

☕️

Darin steckt aber zugleich ein Quäntchen Freiheit, denn ich würde gerne noch einige Geschichten lesen, aber auch erzählen und veröffentlichen. Ein kleines, radikales „Jetzt erst recht“! An diesem Punkt angekommen, entdeckte ich Ko-fi – den Kaffeebecher mit Herz mit der bekannten, anpassbaren Call-to-action „Buy me a coffee“. Jetzt habe ich mich zu einem winzigen Shop dort durchgerungen, der (allein wegen der physischen Gegenleistung) transparenteste Support, wie ich finde. Meine Interpretation, wie ich für mich solche Tips, also kleine Trinkgelder, definiere, hatte ich im Januar 2021 in die Geschichte „Der Tellepott“ gekleidet, die ich hier zu Erinnerung noch einmal verlinke. Meine Bücher biete ich dort nicht an, denn sie sind sowohl im Handel bestellbar oder online als auch bei den jeweiligen Dienstleistern (BoD, story.one, Amazon) erhältlich.

☕️

Es wäre schön, wenn ihr mich in meinem Ko-fi-Shop mal besuchen kommt – vielleicht ist das auch eine Idee, die für euer kreatives Schaffen in Betracht käme? Ich würde mich freuen! Neue Marketingwege sind leider rar wie wilde Edelweißvorkommen auf Rügen, weshalb sie Selfpublisher derzeit vergeblich suchen.

Schreibt in die Kommentare, wenn ihr das anders seht oder irgendwo Licht am Horizont erkennt und ❤️-lichen Dank für eure Zeit!


Beitragsfoto der Tasse für Collage: poohchisa tunsiri auf Pixabay – vielen Dank!